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Michael Krüger-Verabredung mit Dichtern
Michael Krüger ist ein furioser Erzähler, dem man stundenlang zuhören kann. Wer jemals einem Gespräch oder einer Lesung mit Michael Krüger beiwohnen konnte, wird dies bestätigen. Derart angeregt und neugierig geworden habe ich seine Biographie auch gekauft.
In diesem leicht lesbaren Buch erzählt er lebhaft von seiner Kindheit und Jugend (das Strandbad Wannsee in Berlin spielt eine große Rolle), wie er zum Literaturbetrieb kam und mit welchen Autoren und Menschen aus dem Literaturbetrieb er im Laufe seines Lebens zu tun hatte. Das alles nicht im aufzählenden, trockenen Ton, sondern sehr eindringlich und anekdotenhaft, und man merkt dem 80-jährigen Autor seine Begeisterung für die Literatur und die Menschen an, denen er begegnet ist. Von diesen Menschen spricht er immer in einem warmen Ton und mit einer großen Empathie. Ihre Skurrilitäten (etwa Alkoholismus oder Frauengeschichten) werden ohne jeden Voyeurismus leichthin erwähnt, ohne sie von moralischer Seite aus zu beurteilen oder gar zu verurteilen.
So sagt er von Christian Enzensberger, dem Bruder von Hans Magnus Enzensberger, er „war einer der klügsten und schrägsten Menschen“, die mir begegnet sind. Oder über Ute und Jürgen Habermas wird festgehalten, dass sie über ein phänomenales Gedächtnis verfügen. „Es war ein Vergnügen, Ihnen zuzuhören.“
Hier nur eine Anekdote aus der Kindheit: sein Großvater, der ein Glasauge hatte, sagte oft, wenn man es falsch herum einsetzt, kann man nach innen sehen, in den Kopf hinein, wo die Gedanken leben. Solche Bilder prägen sich natürlich ein.
Krüger vermittelt von sich, ein Mensch der leichte Lebensart zu sein, nach dem Motto: Leben und leben lassen. Als er im Hotel in Paris einmal in die Ritze eines Sessels griff und eine Peitsche zum Vorschein kam, so erzählt er, flüchtete seine Freundin und ward nie mehr gesehen. Zu dieser leichten Lebensart gehört auch seine seltsame Wahl des Berufes, denn er schwankte in jungen Jahren zwischen Philosoph und Box-Promoter. Schließlich war die einzig erstrebenswerte Existenz, die er sich vorstellen konnte, ein Dichter zu sein.
Natürlich schreibt Krüger über eine Vergangenheit, die den Jüngeren unter uns nicht präsent sein kann. Es ist eine längst untergegangene Zeit, in denen das Glanzstück des Sonntagsgerichtes Toast Hawaii war. Eine Zeit als die Kataloge von Beate Uhse noch von den Postbeamten in die eigene Tasche gesteckt und mit nach Hause genommen, anstatt den Kunden in die Briefkästen geworfen wurden.
Schon durch seinen Vater kam er mit Geistesgrößen der damaligen Bundesrepublik zusammen, denn der Vater war mit aller Welt bekannt, wie dem Gräzisten Uvo Hölscher, dem Theologen Helmut Gollwitzer oder Gerhard Nebel – damals bekannte Namen.
Krüger hat nie studiert, sich aber in die Branche hineingefuchst und sich früh für die Literatur begeistert. Autoren, die für ihn wichtig waren, waren neben französischen Autoren Emily Dickinson, Hart Crane oder Paul Celan. Oder damals auch Samuel Beckett. Im Buch findet sich das „who ist who“ der Literatur seiner Zeit: alle seine schwedischen, israelischen, holländischen oder polnischen Freunde.
Für denjenigen, der diese Zeit halbwegs miterlebt hat und sich für Literatur interessiert, ist das Buch ein Lesevergnügen.
Im November 2024