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Sprache: deutsch
Philosophie sei etwas für Fachleute und jedem Nichtphilosophen unverständlich und nicht zu vermitteln. So die gängige und vorherrschende Meinung. Dieses klar strukturierte Büchlein zeigt das Gegenteil. Der Autor versteht es nämlich, das Wesen des Denkens in einer erfrischend einfachen und klaren Sprache zu vermitteln. Er bindet seine Überlegungen immer wieder an Beispiele aus dem praktischen Alltag, die unmittelbar einleuchtend sind. Wer offen und mit Interesse an das Buch herangeht, kann viel lernen.
Krings, der stark von Martin Heidegger beeinflusst war, zeigt, dass in jedem Denken notwendig ein Transzendieren liegt, ein Hinausgelangen aus dem augenblicklich Gegebenen. Bereits jede alltägliche Aussage manifestiert einen Akt der Transzendenz, insofern in ihr das Subjekt in der Kopula mit dem Prädikat verbunden ist. Denkendes Sprechen ist immer schon über das Subjekt als solches hinaus.
Das Paradoxe dieses Überschrittes ist, dass der Mensch im denkenden Transzendieren an etwas hinreicht, was trotzdem irgendwie unverfügbar ist, es ist etwas im denkenden Bewusstsein „da“, was noch nicht jetzt-gegebener Gegenstand ist. Im Denken geschieht der Schritt vom Verfügbaren zum nicht Verfügbaren. Exemplarisch nennt Krings den Hausbau. Wenn der Architekt ein Haus plant, „hat“ er das Haus im Denken, aber noch nicht in seiner Vollendung.
Transzendentes Denken kann aber auch Welt als solche schlechthin überschreiten. Dieses Überschreiten des Seienden im Ganzen begründet die Philosophie. Philosophie ist ein Transzendieren in der zweiten Potenz, wie es Krings nennt. Diese ist die höchste Weise der Transzendenz, weiter hinaus geht es nicht. Krings verdeutlicht dieses letztmögliche Transzendieren am Beispiel der Liebe. Ein Mensch kann einen anderen Menschen lieben, mehr nicht. Einem anderen Menschen kann man nicht näher kommen als in der Liebe. Jeder Versuch, darüber hinaus dem anderen „mehr zu sein“, ist ein Griff ins Leere. Die Liebe, obwohl sie die Grenze ist, ist in sich selbst aber trotzdem grenzenlos. Wie die Philosophie.
Wenn das Denken ein Transzendieren ist, stellt sich die Frage: warum solches Transzendieren, warum Denken? Was ist überhaupt Denken? Denken kann ein rationales Denken sein, muss es aber nicht. Unter „Denken“ versteht Krings vielmehr den menschlichen Weltbezug. Das Wesen der Transzendenz ist nicht eine Mehrung des Wissens, sondern das Stiften einer eigentümlichen Beziehung, eines neuen Zusammenhangs. Krings verdeutlicht dies am Beispiel eines Gartens. Ein fertig gestellter Garten ist noch kein vollständiger Garten, sondern wartet darauf, ganz zum Garten zu werden. Im Garten findet ein bestimmter Aufenthalt für Menschen statt. Der Garten wartet also auf den Gärtner, auf denjenigen, der den Garten pflegt und hegt und darin lebt, um „ganz“ Garten zu sein. In diesem Sinne ist wesentliches Denken also integral für das Wirklich-Sein des vollen Wesens „Garten“.
Im Denken entsteht also eine sinnvolle Einheit von Welt. Sie entsteht erst durch den Menschen, der die Dinge dabei nicht schafft, sondern der sie so „sammelt“ (aus dem griechischen legein), dass das Wesen des Dinges zum Erscheinen kommt.
Auch hier wieder ein Beispiel. Wenn das Wasser den Berg hinunterläuft, entsteht keine neue Welt. Ein Mensch aber läuft nicht einfach nur den Berg hinunter wie das Wasser, sondern er sammelt Eindrücke, durch sein Gehen entsteht ein Weltbezug und alles, was er denkend aufnimmt, wird zu „einer“ Welt für ihn. Der Mensch versammelt also eine bestimmte Weise der Anwesenheit zu einer einheitlichen Sicht von Welt. Er ist die sammelnde und sinngebende Mitte von Dingen und bildet mit diesen zusammen eine Einheit. Er transzendiert ständig im Denken, nimmt also durch seine Anwesenheit bei den Dingen die Dinge an sich und „versammelt“ diese zu einer Einheit, so dass etwa ein Garten entsteht oder eine schöne Gebirgslandschaft im Wandern.
Denken ist wesentlich eine solche Realisierung einer einheitlichen Weltsicht. Die Sammlung, die das Denken vollzieht, zielt nicht auf eine Perfektion, sondern auf eine metaphysische Vollkommenheit, die darin besteht, dass ein Ding sein Wesen erfüllt. Nur der Mensch kann diese Vollkommenheit hervorbringen. Die Kraft und Wahrheit eines Denkens erweist sich darin, wie ein Mensch die zerstreuten Dinge im Dasein zusammenzufügen versteht, wir er den Dingen zu ihrer Vollkommenheit verhilft.
Eine leibhaftige Einheit zu stiften, darin erweist sich das Denken als eine Spielart der Liebe. Denn die Liebe besteht darin, dass zwei Wesen sich zu einer Einheit zusammenschließen.
Zum Schluss zeigt Krings, dass auch das philosophische Denken eine neue Sicht auf die Welt schaffen kann. Er weist auf die frühen Denker Griechenlands hin, die den Logos schufen und damit eine „neue“, nicht mehr mythisch aufgefasste Welt. Durch die Philosophie hat sich das „Weltbild“ wesentlich verändert. Das Medium des Neuen war der Logos, die Macht der Transzendenz, die alles Seiende zusammenfasst und ordnet. Ihr Ziel war es, dass der Logos herrsche und nicht die Götter. Mit dem Logos erschuf die damalige Philosophie eine „neue“ Welt.
Im August 2024, Martin Kasperzyk