Veranstaltungen
Literarische Soiree
Wir laden Sie ein, an unseren gemeinsamen Veranstaltungen, Reisen und Lesungen an besonderen Orten, teilzunehmen. Weiteres erfahren Sie in der jeweiligen Veranstaltungsbeschreibung.
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Wir laden Sie ein, an unseren gemeinsamen Veranstaltungen, Reisen und Lesungen an besonderen Orten, teilzunehmen. Weiteres erfahren Sie in der jeweiligen Veranstaltungsbeschreibung.
Am 12.05.2023 öffneten wir zum ersten Mal unser Wohnzimmer für eine Wohnzimmerlesung am Überlinger See. In einem privaten und angenehmen Umfeld wollen wir, dass kulturell orientierte Menschen miteinander ins Gespräch kommen.
Im Rahmen des literarischen Vereins Forum Allmende e.V. hatten am gemäßigt-kalten Jahresanfang des Jahres 2023 einige Unentwegte ihre Köpfe zusammengesteckt, um die schon lange aus der Mode gekommenen Wohnzimmerlesungen wieder neu zu beleben. Der Mai 2023 war sehr verregnet und kühl gewesen, also ein ideales Wetter zum Lesen. Ideal war auch das große Wohnzimmer, in dem die erste Wohnzimmerlesung auf Einladung der Familie Kasperzyk in Überlingen an den Start ging. Schließlich mussten mehr als 30 Personen Platz finden, ohne wie die Hühner auf der Stange sitzen zu müssen.
Der Überlinger Oswald Burger referierte zu Werner Haberland. Als er aber mit einem großen Koffer auftauchte, löste dies erst einmal eine kleine Schrecksekunde bei den Gastgebern aus, die vermuteten, er wolle dort übernachten. Hierfür war im Hause natürlich nichts vorbereitet. Anstatt Wäsche und Zahnbürste befanden sich im Koffer jedoch eine Menge Bücher und Materialien über Werner Haberland, die Oswald Burger mitbrachte und dann im Laufe seines lebendigen, kenntnis- und detailreichen Vortrages vorstellte. Der Einladung folgten 30 Nachbarn, Bewohner des Werner-Haberland-Wegs, Freunde und Bekannte der Familie, aber auch Liebhaber der Literatur und Geschichte.
Oswald Burger berichtete sachkundig und detailreich über die Herkunft Werner Haberlands aus einer jüdischen großbürgerlichen Unternehmerfamilie in Berlin, sein Leben als Wandervogel, seinen Versuch, auf dem Grundstück in Überlingen zwischen der Langgasse und dem heutigen Werner-Haberland-Weg als Landwirt zu reüssieren, und schließlich seine Enteignung und Flucht vor den Nazis in die Schweiz. Das zuvor sehr erfolgreiche Berliner Immobilienunternehmen wurde enteignet und der Bruder von den Nazis ins KZ Mauthausen gesperrt und ermordet.
Nach dem Krieg lehrte der äußerst bescheidene Werner Haberland als Lehrer an Reformschulen. Er erhielt sein Grundstück zurück und schenkte es dem badischen Jugendherbergswerk mit der Verfügung, dass mit dem Erlös eine deutsch-israelische Jugendbegegnungsstätte errichtet werde. Nach seinem Tod wurde das Gelände an die Stadt Überlingen verkauft und darauf ein neues Baugebiet ausgewiesen. Mit dem Vermächtnis Werner Haberlands konnte in den siebziger Jahren die Martin-Buber-Jugendherberge in Überlingen neu errichtet werden.
Oswald Burgers kurzweiliger Vortrag wurde musikalisch umrahmt durch das Gitarrensolo eines Gastes.
So erfuhren nicht nur die Anwohner des Werner-Haberland-Weges viele Details über das Leben des Vorbesitzers ihrer Grundstücke und Namensgeber ihrer Straße. Noch bis tief in die Nacht wurde danach über Geschichte, Literatur und Nachbarschaft geplaudert. Gemäß dem Motto „Alles wirkliche Leben ist Begegnung“ brachte die Lesung somit an diesem Abend die Gäste noch lange miteinander ins Gespräch.